Warum sich die Technik für Frauen auszahlt

Viele oststeirische Mädchen ergreifen noch immer geschlechterstereotype Berufe. Doch gerade eine Karriere in MINT-Fächern bzw. im Technikbereich kann für Frauen ein wahrer Türöffner in eine perspektivenreiche Zukunft sein.

In einer Welt, die zunehmend von Technologisierung und Digitalisierung geprägt ist, kommt man um Kompetenzen in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) nicht herum. MINT-Fächer fördern kreatives Denken, praxisnahes Lernen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit – allesamt Dinge, die man in der heutigen Berufswelt ohnehin braucht. Darüber hinaus schulen sie die Fähigkeit, Probleme zu lösen, treiben Innovationen voran und stärken die persönliche Entwicklung.

Workshops & mehr: Technik in der Praxis ausprobieren

Diese Erfahrung machte auch Lara Bloder, die derzeit die Polytechnische Schule in Gleisdorf besucht. Bei einem Workshop für technikinteressierte Mädchen bei Binder + Co in Gleisdorf Ende November konnte sie einen Vormittag lang Praxisluft in der metalltechnischen Industrie schnuppern. In der speziell für die Ausbildung konzipierten Lehrwerkstatt fertigten Lara und ihre Mitschülerinnen eine Handyhalterung aus Aluminium. Ihr Fazit? „Es war beeindruckend selbst aktiv zu werden und am Ende ein so hochwertiges Ergebnis mit nach Hause nehmen zu können. Auch die Vielfalt der Maschinen und die hohe technische Präzision haben mich fasziniert.“

Workshops wie diese sind wichtig, damit Mädchen verborgene Potenziale erkennen und sich überhaupt trauen, in einem Technikberuf Fuß zu fassen. Auf der anderen Seite profitieren auch die beteiligten Unternehmen, weil sie einen differenzierten Einblick in die Talente künftiger Fachkräfte bekommen. Das ist der Grund, warum die Regionalentwicklung Oststeiermark solche Workshops initiiert und ermöglicht. Für all das braucht es jedoch auch motivierte Lehrer:innen wie Andreas Kulmer von der PTS Gleisdorf. Der Maschinenbautechniker kommt selbst vom Fach, ist Meister der Metalltechnik und seit 10 Jahren in der Lehrlingsausbildung am BFI Steiermark tätig. Er weiß: „Solche Workshops bieten eine großartige Gelegenheit, Berührungsängste abzubauen und erste praktische Erfahrungen zu sammeln. Diese Initiativen sind enorm wichtig, um Mädchen zu zeigen, dass sie in technischen Berufen genauso erfolgreich und willkommen sind wie ihre männlichen Kolleg:innen. Sie fördern Selbstbewusstsein und Interesse an Technik und tragen dazu bei, langfristig mehr Vielfalt und Chancengleichheit in der Arbeitswelt zu schaffen.“

Annas Garage in Fürstenfeld

Dass sich Mädchen grundsätzlich dafür interessieren, bewies nicht nur der Workshop bei Binder + Co., sondern auch „Annas Garage“. Diese von Otto Rath entwickelte Initiative fand zeitgleich in Fürstenfeld statt und soll Schüler:innen unabhängig von ihrem Geschlecht ebenfalls für Technikberufe begeistern. Mit dabei waren die Unternehmen Knapp AG, Grübl Automatisierungstechnik und Firma Nidec mit Standort in Fürstenfeld. Schüler:innen aus den Schulen MS Ilz, MS Fürstenfeld, HTL Fürstenfeld, BRG Fürstenfeld, BHAK Fürstenfeld fanden Lösungen für zuvor definierten Fragen der Unternehmen und bauten dazu Prototypen zur Problemlösung.

Top-Karrierechancen und mehr Chancengleichheit

Ingenieurin, Softwareentwicklerin oder Zerspanungstechnikerin: Gerade die Oststeiermark bietet mit dem Metall & und Technik Cluster Oststeiermark einen idealen Nährboden für junge Techniktalente von morgen. Insgesamt umfasst die Branche rund 400 Betriebe in den Bereichen Metallverarbeitung, Maschinen- und Anlagenbau. Was sie allesamt eint: Sie bieten finanzielle Sicherheit mit einem guten Einkommen, tolle Ausbildungsmöglichkeiten und exzellente Jobaussichten – unabhängig vom Geschlecht. Und sie alle suchen händeringend Fachkräfte. Das weiß auch Mag.a Daniela Adler, MBA, Geschäftsführerin der Regionalentwicklung Oststeiermark. Die Organisation setzt viele Projekte und Maßnahmen um, damit die Oststeiermark in jeglicher Hinsicht ein guter Ort zum Leben, Wohnen und Arbeiten bleibt. Die Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung für Gleichstellungsthemen in der Region spielen dabei eine zentrale Rolle „Gibt es Perspektiven, bleiben die Menschen – und vor allem Familien in der Region. Gibt es Familien, gibt es Leben. Gibt es Leben, gibt es Arbeitsplätze, Zusammenhalt, Innovation und Zukunft“, unterstreicht Adler. Dabei sei es wichtig, geschlechterstereotype Rollenbilder aufzubrechen und einerseits Mädchen für Technikberufe zu begeistern, andererseits auch mehr Männer in Care-Berufe zu bringen bzw. für die Care-Arbeit zu begeistern.

Der Samen dazu wird bereits in der Schule gesät. Bildungsthemen über alle Altersstufen hinweg in der Region zu verankern bzw. MINT-Kompetenzen von klein auf zu vermitteln, zählen daher zu den zentralen Anliegen der Regionalentwicklung.

Innovationen fördern, Zukunft gestalten

Lara Bloder kann sich nach dem Workshop in Gleisdorf durchaus vorstellen, später in einem technischen Beruf tätig zu sein: „Ich finde, dass solche Berufe nicht nur etwas für Männer sind – auch Mädchen können hier genauso gut sein. Ich traue mich zu behaupten, dass ich sehr genau und gewissenhaft arbeite, was in technischen Berufen ein großer Vorteil ist. Außerdem liegt mir selbstständiges Arbeiten sehr gut, und es macht mir Spaß, Herausforderungen zu lösen und etwas Eigenes zu schaffen.“

Gerade für junge Frauen und Mädchen sind positive Role-Models wie Lara enorm wichtig. Sie zeigen, dass die Welt der Technik Mädchen genauso offensteht, und MINT-Berufe tolle Zukunftsperspektiven bieten. Und wer weiß? Vielleicht kommt die nächste Ada Lovelace (siehe Infobox) ja sogar aus der Oststeiermark.

Schon gewusst? Berühmte Frauen in MINT-Berufen

  • Die britische Mathematikerin Ada Lovelace (1815 – 1852) legte den Grundstein für später entwickelte Programmiersprachen und Computerprogramme.
  • Die US-amerikanische Informatikerin Margaret Hamilton (geb. 17. August 1936) schrieb den Code für die Apollo11-Mission.
  • Die Physikerin Lise Meitner (1878-1968) war eine der ersten Frauen , die an der Uni Wien Physik studierte und gemeinsam mit dem Chemiker Otto Hahn 1938 die Kernspaltung entdeckte.
  • Marie Curie (1867 – 1934) Die zweifache Nobelpreisträgerin entdeckte gemeinsam mit ihrem Mann die beiden chemischen Elemente Polonium und Radium und forschte im Bereich der Radioaktivität.
  • Bertha Benz (1849–1944) gilt als Pionierin des Automobils. Durch ihren unternehmerischen, technischen und finanziellen Einsatz war sie maßgeblich am Siegeszug des Benz-Motorwagens beteiligt.